Stellungnahme zum ersten Entwurf zur Teilfortschreibung „Windenergie an Land“ des Landesentwicklungsplans Schleswig-Holstein

Die ARGE NETZ GmbH & Co. KG nimmt die Möglichkeit wahr, den ersten Entwurf zur Teilfortschreibung „Windenergie an Land“ des Landesentwicklungsplans Schleswig-Holstein zur Fortschreibung 2021 (LEPWindVO) zu kommentieren. Die Unternehmensgruppe ARGE NETZ bündelt die Kraft von 420 regionalen Betreibergesellschaften mit 4.500 MW installierter Leistung aus Erneuerbaren Energien Anlagen und realisiert für deren Gemeinschaft energiewirtschaftliche Projekte. Dieser Stellungnahme liegt eine juristische Analyse zugrunde, die eine grund-sätzliche Unvereinbarkeit der LEP-Pläne mit dem Grundsatz der Spezialität und mit den Grundsätzen der Raumordnung annimmt. Dass die LEP-Pläne mit dem Raumordnungsrecht vereinbar sind, ist aus Sicht der ARGE NETZ unerlässlich, um die zukünftige Windenergie-planung rechtssicher aufzustellen. Da wir eine zeitnahe Klärung dieser wichtigen Grundsatzfrage annehmen, richten wir den Fokus unserer Stellungnahme im Weiteren auch auf die Bewertung einzelner Kriterien.

Schleswig-Holstein hat im Ausbau der Windenergie bemerkenswerte Fortschritte gemacht und sich zu einem der führenden Bundesländer in diesem Bereich entwickelt. 8.593 Megawatt installierte Windenergie-leistung positionieren das Bundesland im oberen Bereich des deutsch-landweiten Ausbaus. Um den Eingriff in Landschaft und Umwelt so gering wie möglich zu halten, sollten wir (entsprechend der Ziele des Koalitionsvertrages) alle Möglichkeiten zum Repowering vollumfänglich nutzen. Dies bietet gleich mehrere Vorteile: das Landschaftsbild wirkt aufgeräumter, bereits vorhandene Infrastrukturen werden genutzt, geringere Rotordrehzahlen und technologische Innovationen minimieren die Umweltbelastung. Durch die vorliegenden Pläne der LEPWindVO jedoch wird den landes- wie bundespolitischen Repoweringzielen ein Bärendienst erwiesen: Nach eigenen Berechnungen stünden gemäß der Pläne zur LEPWindVO über 1.500 Megawatt (MW) an installierter Leistung außerhalb von Potenzialflächen (siehe Seite 7). In der Folge geht erhebliches Repoweringpotenzial verloren; gut akzeptierte Standorte mit bereits eingetretenem Gewöhnungseffekt für Mensch und Umwelt, ebenso wichtige Wertschöpfungseffekte für betroffene Standortgemeinden. Bereits errichtete Infrastrukturen blieben im schlimmsten Fall ungenutzt.

Die Bewertungen sind als grundsätzliche Stellungnahme zu den relevanten Themenkomplexen zu verstehen, unabhängig davon, dass deren zu restriktive Anwendung im LEP-Entwurf in Teilen als rechtswidrig eingeschätzt wird. Als positiv angesehen wird etwa, dass Landschafts-schutzgebiete entsprechend Bundesgesetz nicht mehr pauschal von Windenergieanlagen freizuhalten sind. Auch all jene avifaunistischen Abstandsvorgaben, die sich am artenschutzrechtlichen Konsens orientieren und eine geringere Vorgabe als vormals üblich vorsehen, tragen wir mit. Zu begrüßen ist ebenso das Verbot von Höhenbe-schränkungen mit dem Ziel, den Flächenbeitragswert zu erreichen. Gleichwohl sehen wir den Bedarf, das Verbot auch nach Erreichen des Flächenbeitragswertes aufrecht zu erhalten. Weitere eher kritische Auseinandersetzungen führt die ARGE NETZ im vorliegenden Dokument ab Seite 9 auf. Hierzu zählen unter anderem die beibehaltene Rotor-In-Planung, das Beschneiden der Repoweringpotenziale, militärische Belange und Abstände zu Drehfunkfeuer sowie die fehlende raumordnerische Abwägung von privaten Belangen bei den Hauptachsen des überregionalen Vogelzugs.

Der Windenergie einen angemessenen Raum zu ermöglichen, dient nicht nur dem Erreichen der Klimaschutzziele, sondern auch der wirtschaftlichen Stärkung unserer Regionen. So profitieren etwa die Standortgemeinden von Gewerbesteuereinnahmen in Millionenhöhe, allein an der Westküste von über 40 Millionen Euro (siehe Abbildung 1, Seite 8). Diese zusätzlichen Mittel ermöglichen Investitionen in lokale Infrastruktur, Bildung und soziale Projekte, wodurch die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger nachhaltig verbessert wird. Über 12 Prozent der relevanten Einwohnerinnen und Einwohner von Standortgemeinden der ARGE NETZ profitieren zudem von einer direkten Beteiligung an Windenergieanlagen (siehe Abbildung 2, Seite 8). Diese Einkünfte stärken die lokale Kaufkraft der Regionen. Es liegt also an uns, ob wir den Firmen und Kommunen unseres Bundeslandes diese Möglichkeiten einräumen wollen. Dafür müssen wir den Ausbau der Erneuerbaren Energien jedoch zuvorderst nicht als „Goldgräberstimmung“ für den Einzelnen verstehen, sondern als „Ernteglück“ für die Allgemeinheit.

Stephan Frense Ina Kietzmann

CEO, ARGE NETZ Leiterin Landespolitik & Kommunikation

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