„Nutzen statt Abregeln 2.0“ – Erprobungsphase jetzt auch vollumfänglich nutzen

Im Jahr 2023 wurden Erneuerbaren Energien Anlagen im Rahmen von Redispatch-Maßnahmen in Höhe von insgesamt 10 TWh abgeregelt. Das macht rund 4 Prozent der gesamten Erzeugung aus Erneuerbaren Energien in diesem Jahr aus. So geht nicht nur kostbarer klimaneutraler, erneuerbarer Strom verloren, sondern dies führt auch zu steigenden Kosten beim Redispatch. Die Idee, statt den Strom abzuregeln einer anderen Nutzung zuzuführen – beispielsweise zur Erzeugung von grünem Wasserstoff – ist für jeden sofort verständlich. Bereits 2017 hat der Gesetzgeber folgerichtig einen Passus zu „Nutzen-statt—Abregeln“ im EnWG eingeführt. Die grundsätzliche Intention stimmte auch bereits damals, doch das Instrument wurde Opfer der regulatorischen Komplexität und blieb weitgehend ungenutzt.

Ein Neuentwurf von „Nutzen statt Abregeln 2.0“ wurde deshalb vergangenes Jahr abgestimmt und in das Energiewirtschaftsgesetz (§13k) aufgenommen. Der Grundansatz sieht vor, dass abregelte EE-Strommengen in einem Auktionsverfahren an ausgewählte zuschaltbare Verbrauchsanlagen in Entlastungsregionen versteigert werden. Eine zentrale Voraussetzung dabei ist, dass es sich um zusätzliche zuschaltbare Lasten handeln muss. Kurz gefasst: ohne das Instrument hätte der Stromverbrauch im Abregelungszeitfenster nicht stattgefunden. Damit soll die stete Sorge adressiert werden, dass Akteure nicht schlichtweg ihren Stromverbrauch von einer Stunde mit keiner Abregelung in eine §13k-Stunde verlagern.

Detailfragen der Ausgestaltung und wer überhaupt an dem Instrument teilnehmen kann, hatte der Gesetzesgeber dabei an die vier Übertragungsnetzbetreiber und die Bundesnetzagentur ausgelagert. Ein Umsetzungskonzept der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) wurde bis zum 01.04.2024 vorgelegt. Im gleichen Monat hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) in einem „Festlegungsentwurf zu den Zusätzlichkeitskriterien“ zur Frage des berechtigen Teilnehmerkreises Stellung bezogen und diesen zur Konsultation gestellt.

Als erzeugungsstarke Erneuerbaren Gruppe mit rund 4.500 MW Wind, Sonne und Biogas aus dem hohen Norden begrüßen wir, dass die 4 ÜNBs und die BNetzA fristgerecht eine Detailregelung zu „Nutzen statt Abregeln 2.0“ veröffentlicht haben. Dennoch sehen wir, dass in der derzeitig vorliegenden Ausgestaltung das Instrument hinter seinen Möglichkeiten bleibt. Gerade in der Erprobungsphase sollte es oberste Prämisse sein: Jede nicht abgeregelte Kilowattstunde erneuerbaren Stroms, die in Sektorkopplungstechnologien genutzt wird, ist ein Gewinn für die Energiewende.

Wir sehen daher dringenden Anpassungsbedarf, der noch vor der Einführung des Instruments ab 01.10.2024 umgesetzt werden sollte. Ziel des Instrumentes sollte es sein, einem möglichst breiten Spektrum an unterschiedlichen Sektorkopplungstechnologien die Teilnahme zu ermöglichen. Dabei sollte explizit auch berücksichtigt werden, dass eine wirksame Teilnahme von Flexibilitäten nur dann sichergestellt werden kann, wenn dieses sich auch für sie wirtschaftlich lohnt. Dies ist unter den nun veröffentlichten Rahmenbedingungen nur begrenzt möglich.

Hauke Broecker
Referent Energiesystem & neue Märkte
broecker@arge-netz.de

Björn Spiegel
Leiter Politik & Strategie
spiegel@arge-netz.de

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