Was es jetzt kurzfristig in der Energiepolitik braucht
Berlin November 2024
Um Investitionsentscheidungen treffen zu können, sind im Übergang zur nächsten Legislatur einige Regelungen im Energiebereich dringend erforderlich. Die Erneuerbaren-Gruppe ARGE NETZ empfiehlt ausdrücklich die schnelle Umsetzung folgender Maßnahmen noch in den nächsten Wochen:
1. Überbauung von Netzverknüpfungspunkten verbindlich machen
Die vorgeschlagene Regelung in § 17 Abs. 2b EnWG-Entwurf muss so angepasst werden, dass Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen auf Verlangen des Anschlussnehmers eine Flexibilisierung anbieten müssen.
Begründung: Die Regelung wird bestehende Netze effizienter ausnutzen. Das senkt die Kosten für den Netzausbau. Damit EE-Projekte zügig weiterschreiten können, braucht es die Regelungen zur Überbauung so schnell wie möglich.
2. Mit Außenbereichs-Privilegierung zentrales Flexibilitäts-Hemmnis abbauen
Batteriespeicher benötigen dringend eine eigene Außenbereichsprivilegierung, analog zu Elektrolysen im § 249 BauGB. Kleinere Vorhaben bis zu einer Fläche von 1 Hektar gilt es zu privilegieren. Für größere Vorhaben sollte ein vereinfachtes Planungs- und Bauleitverfahren umgesetzt werden.
Begründung: Derzeit werden zahlreiche Speicherprojekte geplant. Für eine zügige Umsetzung braucht es die Sicherheit nicht in aufwendigen Genehmigungsverfahren Zeit und Geld zu verlieren. Gemeinsam mit der Überbauung von Netzverknüpfungspunkten werden die Netze entlastet. Speicher stabilisieren den Strompreis und tragen zur Entlastung des Bundeshaushalts bei.
3. Schnelles Repowering für Wind erleichtern
Derzeit können Repoweringvorhaben die „Grundzüge der Planung“ im 245e Abs3 BauGB entgegengehalten werden. Diese rechtliche Unsicherheit verhindert oder verzögert Projekte unnötig und lässt sich durch das Streichen der „Grundzüge der Planung“ einfach beheben.
Begründung: Repowering - der Wechsel hin zu modernen und leistungsfähigeren Anlagen - ist der kosteneffiziente Turbo für die Senkung der Strompreise. Mit der Streichung im BauGB können finale Entscheidungen für Investitionen in Repoweringprojekte schneller und mit größerer Planungssicherheit fallen.
4. Biogas-Potenzial nutzen – Ausschreibungsmengen endlich deutlich anheben
Es gilt die Ankündigungen zur deutlichen Erhöhung der Ausschreibungsmengen für Biomasse nach § 28c ff. EEG erhöht werden. Der nächste Ausschreibungstermin ist im Februar 2025, daher braucht es diese Regelung sofort.
Begründung: Biogasanlagen können durch Überbauung die eigene Einspeiseleistung flexibilisieren und so gerade dann einspeisen, wenn Sonne und Wind nicht in großem Umfang zur Verfügung stehen. Vielen Biogasanlagen droht aktuell der Rückbau, wenn die Ausschreibungsmengen nicht erhöht werden.
5. Dauerhafte Wiedereinführung von § 31k BImSchG
Um den Output bei Windenergieanlagen zu erhöhen, muss eine Wiederaufnahme und dauerhafte Verstetigung der am 15. April 2024 entfallenen Regelung in §31k BlmSchG zügig umgesetzt werden.
Begründung: Die Regelung des § 31k Bundes-Immissionsschutzgesetz hat es Windenergieanlagen ermöglicht, während der Gasnotlage in den Wintermonaten deutlich mehr Strom zu produzieren. Dazu wurden die Auflagen im Schallschutz und zum Schutz vor Schattenschlag ausgesetzt. Mit dieser Maßnahme konnten durchschnittlich 2,8 Prozent mehr Strom erzeugt werden, an vielen Standorten bis zu 5 Prozent.
6. Steuerbarkeit kleiner PV-Anlagen gewährleisten
Die Flexibilisierung des Gesamtsystems hat höchste Priorität. Flexibilisierung vor Einspeisebegrenzung ist das Gebot, jede Kilowattstunde aus Erneuerbaren muss möglichst genutzt werden. Gleichwohl kann es übergangsweise sinnvoll sein, die Schwelle für die Steuerbarkeit von Kleinstanlagen abzusenken. Die Vorschläge aus der EnWG/EEG-Novelle zur Beschränkung der PV-Spitzen im Aufdach-Segment ist hierbei ein gangbarer Weg.
Grundsätzlich: Flexibilitätsagenda als Sofortprogramm umsetzen
Insgesamt muss unser Energiesystem durchlässiger und deutlich flexibler werden, damit Industrie und auch Haushalte von günstigen Strompreisen der Erneuerbaren profitieren können. Diese Flexibilisierung entlastet die Netze und dämpft die Systemkosten der Energiewende.
Soweit Maßnahmen in dieser Legislatur nicht mehr umsetzbar sind, muss die künftige Bundesregierung in einem Sofortprogramm alle Hemmnisse für den Ausbau von Flexibilitäten konsequent abbauen, u.a.: ein Recht auf Überbauung gesetzlich festlegen, die praxistaugliche Ausgestaltung von ‚Nutzen statt Abschalten‘, die Privilegierung von Batteriespeichern im Außenbereich, eine Netzentgeltbefreiung für systemdienlich angesiedelte Elektrolyseure über das Jahr 2027, Auflösen der „Zusätzlichkeit“ bei Wasserstoff. Zugleich gilt es, die vorhandenen Flexibilitätspotenziale aus Biogasanlagen stärker zu nutzen und die Ausschreibungen deutlich nach oben anzupassen.
Für Rückfragen und konkrete Beispiele aus der Praxis stehen wir gerne zur Verfügung.
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